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WeltenFrauen: Shany, 40 Jahre, aus Indien

„Heute ist mein Leben eine Schatzkiste, die ich immer wieder neu öffne“
Mit vielen Hoffnungen auf ein besseres Leben kamen meine Eltern vor über 40 Jahren nach Deutschland. Man hatte sie wie viele andere Inder als medizinische Fachkräfte akquiriert. Hier lernten sie sich kennen, heirateten und bekamen mich und meine zwei Geschwister.
Trotz meiner schönen Kindheit blieb mir der Zugang zu meinen indischen Wurzeln verwehrt. Über viele Jahre blieb mir die Kultur fremd. Ich verstand die Sprache nicht, fing an zu weinen, wenn indisch gesprochen wurde, verweigerte das indische Essen. Ich bat meine Mutter, kein indisch buntes Blusen-Salwar mehr anziehen zu müssen. Ich wollte nicht...

durch meine Andersartigkeit auffallen, sondern wie meine deutschen Mitschüler sein.

Eines Tages nahm mich mein Vater auf eine indische Veranstaltung mit. Dort sah ich den Auftritt einer sehr bekannten Bharatanatyam Tempel–Tänzerin. Dies schlug mich sofort in den Bann. Plötzlich war ich wie verwandelt, entdeckte die traditionellen indischen Filme, die südindische Sprache, die Tänze, Yoga und Ayurveda und vieles mehr für mich. So intensiv mir der Zugang zuvor verwehrt blieb, so intensiv widmete ich mich nun den indischen Traditionen und der Kultur.

Und einer der intensivsten Zugänge wurde für mich das Tanzen. Die rund 5.000 Jahre alten Tempeltänze dienten einst der Lobhuldigung hinduistischer Götter und wurden nicht öffentlich aufgeführt. Das Erlernen der Tänze durch einen Guru folgt keinem Zeitplan, vielmehr geht es darum, den Punkt zu erreichen, an dem das eigene Ego abgebaut ist und man die Spiritualität der kraftvollen Tänze erkennt und transportieren kann. Meine Ausbildung dauerte Jahre und ich nutzte jeden Ferienaufenthalt in Indien, aber auch Tanzunterricht in Deutschland, um mich weiter zu entwickeln. Jahrelang pendelte ich zwischen diesen beiden Welten.

Heute unterrichte ich als Dozentin an der OMM (Orientalischen Musikakademie Mannheim) rund 50 Kinder und Teenager in klassischem indischem Tanze. Zudem bin ich seit 2016 Integrationsbeauftragte der Stadt Bad Friedrichshall. Es ist mir nach langer Suche gelungen, beide Leben und Herzen zu vereinen. Meine Verbundenheit zeigt sich immer dann besonders stark, wenn ich meinen Sari um meinen Körper wickele. Dieser seidene Stoff lässt mich sofort aufrechter gehen. Die spektakulären Farben zu sehen, fühlt sich fast wie eine Farbtherapie an. Ich trage mein Sari mit Würde, mir ist bewusst, dass ich mit meinem Tanz eine uralte Tradition repräsentiere.

Heute ist mein Leben durch beide Kulturen eine große Schatzkiste, in die ich immer wieder neu greifen darf. Als Tanzlehrerin und Integrationsbeauftragte sind mir die Kinder eine besondere Herzensangelegenheit. Ich möchte ihnen Stütze sein, helfen, ihre eigene Vielfalt als Bereicherung wahrzunehmen. Denn letztlich tankt die Seele neue Kraft durch diese Vielfalt.

WeltenFrauen Shany aus Indien Ellen Schmauss 

Infos zur Ausstellung: weltenfrauen.com
Die Fotos können auch käuflich erworben werden: www.ellenschmauss.de

Text: Shany
Foto: Ellen Schmauss

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